Indien (Agra)

And through the leaves and concrete you´re gonna grow into something that death can´t steal

Eine junge Frau lässt vor einem bekannten Reiseziel durch ihre Freundin unzählige Fotos von sich machen. Danach fotografiert sie ihre Freundin. Sie begutachten die Bilder auf dem Bildschirm. Sie freuen sich über die gelungene Bildkomposition, ihr Lächeln, ihre pfiffigen Posen… Sie laden die Bilder in einem bekannten sozialen Netzwerk hoch. Freunde kommentieren die Bilder. Die Bilder überdauern ihre Jugend, ihre Schönheit und andere Unannehmlichkeiten des Lebens.

Ein alter Mann nimmt an seiner elektrischen Orgel Lieder auf. Er beherrscht sein Instrument, er beherrscht die Titel: Toccaten, Marienlieder, Rumba-Klassiker, Eigenkompositionen. Er freut sich. Auch sein Nachbar hört die Lieder in digitaler Form bei sich nebenan. Der alte Mann wird älter und scheidet aus der Welt. Auf seiner Beerdigung werden seine Lieder gespielt. Sie überdauern ihn, die Sommer, die Herbste und die Winter.

Eine Frau und ein Mann lieben sich. Sie zeugen 14 Kinder. Bei der Geburt des 14.Kindes stirbt die Frau. Der Mann trauert. Monate. Jahre. Zum Gedenken an seine Frau baut er eine Gruft, eher ein Denkmal. Unzählige Arbeiter verbauen unzählige Tonnen Marmor, Schnitzereien und Arabesken zum Angedenken der Frau. Der Prunk und Glanz des Baus lässt dem Mann die Trauer leichter gelingen. Die Gruft, das Denkmal wird bekannter als die Frau selbst. Es wird zur Sehenswürdigkeit. Auch der Mann stirbt. Ihm wird kein Denkmal gebaut. Er wird in der Gruft seiner Frau bestattet.

Was bleibt von uns, wenn wir gehen? Was macht uns unsterblich? Was kann uns der Tod nicht rauben?

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