ClickClickDecker, Shitney Beers & Captain Planet @ Hafenklang

Für alle, die sich auch nicht mehr ertragen

Kevin, Arne, Sebastian, Benjamin, Sebastian, Marco und Maxi kann man ja vieles unterstellen: Zu laut, zu leise, zu verzerrt, zu clean, zu spontan, alles viel zu sehr gewollt, zu viele Tattoos, zu wenig Tattoos, zu traurig, zu fröhlich, zu grimmig, firm in der deutschen Grammatik, Probleme mit dem Dativ und dem Genetiv. Und und und. Vorwürfe noch und nöcher.

Was man ihnen allen aber nicht unterstellen kann: Dass man nach einem Abend mit ihnen dumm aus der Wäsche gucken würde.

Ohne euch wäre Hamburg nur eine Stadt am Wasser.

Weiterlesen: ClickClickDecker, Shitney Beers & Captain Planet @ Hafenklang

Prora

Im Waschhaus des Zeltplatzes der eine Jugendliche zum anderen Jugendlichen: „Ich hab nur noch 14%!“

Der andere Jugendliche: „Ja, die Scheiße lädt nicht!“

Es gibt da diese Orte, die machen einen einfach fertig – und man weiß gar nicht genau warum. Eigentlich weiß man es schon, aber dann doch nicht so genau. Zumindest nicht hinsichtlich der Intensität des Abfucks. Prora auf Rügen gesellt sich beim Autor seit Kurzem in die Top irgendwas der geografischen / emotionalen / architektonischen Runterzieher.

Die Fakten: Rügen. Schöner Strand. Gutes Wetter. Ferien. Zeltplatz. Freunde.

Müsste doch eigentlich alles stimmen. Möchte man meinen. Doch dann ist da noch dieses „Gebäude“. Warum Anführungsstriche? Es ist doch ein Gebäude! Ja, aber es ist anders. Was soll das denn jetzt mit dem Kursiven? Ist es ein Gebäude oder nicht?

Gucken wir wieder auf die Fakten: Zwischen 1936 bis 1939 wurde in Prora auf Rügen angefangen, eines von fünf KdF-Bädern zu bauen. KdF: „Kraft durch Freude“, die Freizeit-, und auch Propagandaorganisation der Nationalsozialisten. Für den deutschen Arbeiter [im Dritten Reich wurde übrigens eher selten gegendert.] sollte auf ca. 4,5km Platz zur Erholung und zum Kraft-Tanken geschaffen werden. 20.000 [als Wort: Zwanzigtausend] sollten hier gleichzeitig, im Sinne von gleichzeitig, Urlaub machen. Kraft tanken, um im Krieg abliefern zu können. An den riesigen Schiffs-Anlegern sollte die KdF-Flotte anlegen und die zur Schau gestellten Kriegsschiffe des Reiches sollten dort eine Vorbereitung auf den Krieg gewährleisten. Zur Erholung und zum Kraft-Tanken kam es dann aber nicht mehr, weil Krieg.

Das ehemalige KdF-Bad wurde nie vollständig fertiggestellt. Die Handwerker und Rohstoffe wurden ab 1939 abgezogen und u.a. am „Westwall“ eingesetzt, also der Westgrenze des Dritten Reiches. Zur Aufrechterhaltung des unvollendeten Baus wurden Zwangsarbeiter*innen eingesetzt. Teile der Sonderseinsatzgruppen der Polizei und Teile des Sicherheitsdienstes „trainieren“ in den Kriegsjahren in Prora. In Teilen wenden sie ihr „Wissen und Können“ dann in den besetzten Gebieten an.

Der Bau ist das längste Gebäude der Welt. So wie der „Rassenwahn“ und der Geltungswahn der Nationalsozialisten [warum gendert man hier eigentlich so selten?] seine Extreme stets ausweitete, ist auch der architektonische Wahn hier in extrem viele Schichten Stahlbeton gegossen.

Dabei sind hier keine plötzlichen oder unvorhersehbaren oder mystischen Mächte am Werk gewesen. Der Weg zur architektonischen Propaganda bahnt sich bereits drei Jahre zuvor seinen Weg. Eine Zeitung schreibt 1933 über das ebenfalls an der Ostsee gelegene Seebad Heringsdorf: „Früher Judenparadies – Jetzt deutscher Badeort“ Und in der Unterzeile: „Achtundachtzig Prozent der Badegäste waren bis 1933 Juden – KdF machte Heringsdorf wieder judenfrei.“ Spannend: (Gefälschte) Zahlen scheinen immer schon hoch im Kurs gewesen zu sein.

Und dann? In den frühen Nachkriegsjahren verstecken sich Geflüchtete in den unfertigen Bauten. In den Folgejahren übernimmt die Rote Armee Teile des Gebäudes zur Kasernierung. Auch die NVA nutzt des ehemalige KfF-Bad für ihre Zwecke.

Nach der Wende – und irgendwie wohl bis heute – ist DIE Nutzung des Bades „der Zwanzigtausend“ nicht wirklich geklärt. Halt! Doch! Na klar! Was schreibt der Autor denn hier?! Große Teile des 4,5km langen Gebäudes wurden an Investoren verkauft und wiederverkauft. Aufwändig entkernte und / oder gentrifizierte Abschnitte des Baus sind bereits fertig gestellt und heißen die Urlauber*innen / Senior*innen willkommen: Das bayuwarisch gestaltete Restaurant / Hotel „Mariandl am Meer“ [#premiumsegment], die Seniorenreidenz „Haus Meeresrauschen“ oder die „Dünenresidenz Prora“ [ALTA, wer denkt sich eigentlich diese Namen aus?!] versprechen „das gewisse Etwas“. Was mag dieses „Etwas“ wohl sein?

Dem E-Bike-Rentner nebst Gattin gefällt die Aufwertung des Geländes. „Was will man denn sonst damit machen?!“ Ja, diese Frage stellt sich der Autor seit dem Besuch auch. Eine Antwort darauf hat er auch nicht. Den ganzen Ranz abreißen? Den Bau den Widrigkeiten der Witterung überlassen? Ein riesiges Museum? Der Bund hat den Großteil des Gebäudes dem freien Markt überlassen und sich aus der Verantwortung begeben. Immer wieder musste das Dokumentationszentrum mit finanziellen Engpässen zurechtkommen. Am nördlichen Ende des „Gebäudes“ befindet sich eine Jugendherberge mit angrenzendem Zeltplatz.

Vorletzter Tag. Der Autor unterhält sich lange mit Peggy und Ronny. Beide sind zusammen mit ihrer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung (und ihren Betreuer*innen) für eine Woche in der Jugendherberge Prora zum Urlaub. Ronny ist Rollstuhlfahrer und Spastiker und erzählt davon, dass sein Vater zu DDR-Zeiten hier als Soldat untergebracht war. Ronny hätte nach der Fertigstellung des „Seebad der Zwanzigtausend“ sicherlich keinen Platz zum Kraft-Tanken zur Verfügung bekommen. Vielleicht ist Ronnys Urlaub heute aber auch die Antwort darauf, warum Prora noch da ist.

Weiterlesen: Prora

G20 | Donnerstag | Welcome to Hell

Life in the streets is a mystery

Don´t know my friends from my enemy

Up to lot, could be trouble

But I’ll hold tight and I will never give up the fight

Wem gehört die Straße? Den Autofahrern, den Longboardfahrern oder den Wasserwerferfahrern?

Donnerstagabend in Hamburg, einen Abend vor G20-Beginn: Irgendwie wurde die „Demonstration Welcome to Hell“ fast zu leicht von den Behörden genehmigt. Nach kürzester Zeit wird sie abgebrochen. Grund: Die Weigerung von Teilen des Schwarzen Blocks, die Vermummung abzunehmen. Für Veranstalter und Organisatoren scheint es so, als ob sie im Grunde genommen niemals stattfinden sollte. Was dann folgt, muss wohl unter Eskalation mit Ansage verbucht werden. Tränengas, Wasserwerfer und eine Nacht voller Bambule.

Ein ostdeutscher Philosoph erklärte in den 90er-Jahren: „Gewalt erzeugt Gegengewalt“. Auf die Nachfrage „Hat man dir das nicht erzählt?“ muss nach gestern Abend wohl auch hier in Hamburg an verschiedenen Stellen gefragt werden, wer bei der Frage im Unterricht alles unentschuldigt gefehlt hat.

Weiterlesen

G20 | Donnerstag

Phänomen – das Sich-an-ihm-selbst-zeigen – bedeutet eine ausgezeichnete Begegnisart von etwas. Erscheinung dagegen meint einen seienden Verweisungsbezug im Seienden selbst, [].

In seinem Werk Sein und Zeit schreibt Martin Heidegger 1926 über vieles und doch irgendwie immer auch das Selbe. Sein. Was ist? Was ist nicht? Gar nicht so leicht zu beantworten, wenn man genauer drüber nachdenkt. Wortgewaltig und immer schwer an der Kante zum rhetorischen Wahnsinn geht er dabei dem nach, was Zeit und Sein eigentlich bedeutet.

In diesen Tagen stellt sich vielen Menschen in Hamburg die Frage: Was ist hier eigentlich los? Dabei geht es wohl irgendwie darum, was einem hier begegnet. Es ist schwer, eine andere Antwort zu finden als Folgende: Macht.

Die Farbe der Macht ist Schwarz – in manchen Erscheinungen auch blau-weiß. Der Klang der Macht ist meist mechanisch, tief dumpf, rollend oder einfach still, schweigend. Zwischen Straßensperren, Scharfschützen, Wasserwerfern oder dem Rotor-Klang der Helikopter zeigt das polizeiliche Hamburg mit all seinem (un)ausgepackten „Equipment“ [vgl. dazu: Dudde, Hartmut: Ausführungen zur Ausrüstung 2017], wie es der Welt begegnen möchte.

Die Farbe des Kapitalismus, der sich hinter der Macht versteckt, ist in diesen Tagen nicht immer genau zu erkennen. Mit Sperrholzplatten unter Sommer-Schluss-Verkauf-Schilder verhüllen sich die großen Ketten aus Angst, hier nun doch einmal selber Opfer ihres Strebens zu werden.

Es wirkt irgendwie schon skurril: Die einzigen Edelkarossen in der Stadt sind in diesen Tagen nicht die Lambos, SLKs und Cayennes der Arschproleten auf dem Steindamm, sondern die der Politiker.

Es ist, was ist. Bald wird es gewesen sein.

Weiterlesen

G20 | Mittwoch

Let´s Dance!

Was genau lernen junge Menschen aus G20? Dass ich hoffentlich auch weiterhin für 20 Euro acht Kleidungsstücke bei Primark kaufen kann? Dass bei politischem Engagement einem mit Sturmgewehr entgegengetreten wird bzw. erst einmal die Personalien aufgenommen werden? Dass zwar 130 Millionen Euro für die Finanzierung des Gipfels locker sitzen, aber die Mittel für Schulen und Bildung eigentlich immer noch zu hoch sind?

Es ist momentan nicht schön, in Hamburg zu leben. Zeit, etwas Schönes zu machen.

Lasst uns tanzen!

Weiterlesen

Keinen Meter für die AFD | Hamburg

Wie der Witz mancher Menschen nicht mit der Gelegenheit gleichen Schritt hält, so daß die Gelegenheit schon durch die Türe hindurch ist, während der Witz noch auf der Treppe steht.

Aus der Kategorie Treppenwitze: Die besorgten Bürger stehen auf dem Hachmannplatz vor dem Ohnsorg-Theater. Das hätte doch jemand von den Organisatoren vorher bemerken müssen! Hat aber niemand.

Es ist ein Jahr vergangen, seitdem diese recht kläglich und blass aussehende Vereinigung versuchte, durch die Stadt zu marschieren. Es wird wohl wieder ein Jahr vergehen. Mit dem selben Ergebnis: Freies Geleit zum HVV. Danke Hamburg.

UND: Das macht übrigens auch kein Biergarten-Twitter-Account besser, den man mit seinen Selfie-Stick-Bildern vor AFD-Flagge füttert. Nein. Das macht es nicht besser. Vor allem aber auch nicht schöner.

Skurril. Die Lügenpresse wird vor Ort von den Ordnern der AFD bedrängt. Warum dann aber selber Bilder von den Gegendemonstranten machen? Für Mutti daheim? Das alte Spiel: Der Staat schützt das Recht auf Meinungsäußerung. Das ist so und muss so bleiben – auch wenn’s weh tut. Die Freiheit des anderen endet bekanntlich bei Demonstrationen meist an den Absperrgittern. Warum aber kein Schutz für die Lügenpresse?

Keinen Meter für die AFD. Oder um es mit den Worten einer alten Dame zu summieren: „Schweinebacken sind das!“

11-2016-keinen-meter-fuer-die-afd-097

Weiterlesen